Nun also Fontane in Brandenburg. Bilder und Geschichten im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte. Obwohl Fontane offenbar nicht wollte, durch „die gesamte deutsche Presse“ auf ein bestimmtes Metier festgenagelt zu werden. An Wilhelm Friedrich schreibt er am 19. Januar 1883: „Es ist das Bequemste. Mein Metier besteht darin bis in alle Ewigkeit hinein, ‚märkische Wanderungen‘ zu schreiben. Alles andre wird nur gnädig mit in den Kauf genommen.“ Dieses im Auszug wiedergegebene Zitat steht auf der hinteren inneren Umschlagseite des zur Ausstellung fontane.200/Brandenburg – Bilder und Geschichten erschienenden Buches, das Christiane Barz im Auftrag der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte gGmbH herausgibt.

Zum 200. Geburtstag von Theodor Fontane (1819–1898) machen rund 300 zum Teil noch nie öffentlich gezeigte Exponate diese Bilder und Geschichten anschaulich. Die Ausstellung ist noch bis  Dezember 2019 in der Gewölbehalle des einstigen Kutschpferdestalles am Neuen Markt in Potsdam zu sehen. Fontane wollte seine „Wanderungen“ weder als Geschichts-, noch als Reisebuch sehen. Die Leser damals und heute sahen/sehen es anders. So schreibt Barz: „Das Bedürfnis nach dieser Lesart scheint indes unverwüstlich zu sein, und so muss es auch heute zu der von Fontane prognostizierten Enttäuschung kommen, wenn die beschriebenen Lokalitäten bei Inaugenscheinnahme nicht das halten, was die poetische Darstellung verhieß“.

Detail Fontanedenkmal in Neuruppin, Foto: Weirauch

Von seinen Wanderungen brachte Fontane Briefe, Dokumente, Bilder, Baulichkeiten, Sagen, Volkslieder, Anekdoten mit, „die vorher für die Welt nicht da waren. Wenn ich einst mit diesen Arbeiten zu Ende sein werde, so wird dies frisch Ausgegrabene einen nicht verächtlichen Schatz bilden.“ Denken wir an seine berühmte Novelle über den unverwüstlichen Birnbaum von Ribbeck im Havelland.

Wie macht Fontane aus dem Mitgebrachten einen Schatz? Wie werden aus Realien Erzählbausteine, und wie organisiert er sie zu seinem Bild von Brandenburg? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der Ausstellung und ihres Begleitbandes. Für Kuratorin Barz stehen „Bilder und Geschichten“ für die Medienvielfalt im „frisch Ausgegrabenen“, die Fontane in seine Erzählung über Brandenburg überführt, ohne dabei ihre Heterogenität aufzuheben.

 

Bilder und Geschichten prägen Fontanes Erzählen auf unterschiedlichen Ebenen. „Es gibt kaum eine Seite in den Wanderungen, auf der man nicht wenigstens einem dieser beiden Worte begegnet, in unterschiedlichen Wendungen und Kombinationen – und mit unterschiedlicher Bedeutung und Funktion“, stellt Barz fest. Geschichte und Bild sind in Fontanes Erzählen nicht allein durch ein additives Verfahren verbunden. In seinem Brandenburg-Kosmos gehen Bilder aus Geschichten hervor und Geschichten aus Bildern.

 

So unterschiedlich die Zeugen seiner Geschichten, so vielfältig sind die Erzählzusammenhänge, in die Fontane sie stellt. In einem Brief an den Verleger Hertz über das Marquardt-Kapitel in „Havelland“ schreibt er: „[…] da haben Sie alle Züge des Buches vereinigt. Schloß-, Park- und Landschaftsbeschreibung, Historisches, Anekdotisches, Familienkram und Spukgeschichte. Mehr kann man am Ende nicht verlangen.“ Dem entspricht die Vielfalt an historischen Stoffen, die die Geschichten transportieren.“

Wenn Fontane hier gewesen wäre: PrignitzDer Aufsatzband birgt viel Neues für uns. Professor Dr. Bernhard von Barsewisch bedauert, dass Fontanes Reisen, die er so wunderbar atmosphärisch schildern konnte, sich leider nicht bis in die Prignitz erstreckt haben. Interessiert hätte ihn die Gegend und auch die Geschichte der Gans Edlen Herren zu Putlitz schon, aber besehen und beschrieben hat er aus der westlichen Prignitz und von den Putlitz’schen Häusern leider nichts. Bernhard von Barsewisch geht deshalb der Frage nach, was hätte Fontane in Putlitz, Pankow, Wolfshagen und Retzin gesehen, wenn er etwa um 1880 hierhergekommen wäre? Spannender kann es nicht sein. Gleiches hatte Dr. Dost unlängst über Wittstock beschrieben. Denn dort war Fontane ja auch nicht auf seinen Wanderungen gewesen. Zumindest gibt es keine Tagebücher darüber. „In Putlitz selbst stand von der Burg nur noch der Turm, und der sehr tüchtige Landwirt Eugen zu Putlitz hatte das oben zerfallene Gemäuer wieder mit Zinnen und einer Turmspitze versehen lassen. Die Anlage der einst slawischen Wasserburg, die die Edlen Gänse übernommen hatten, mag damals noch einen deutlicheren Burggraben gehabt haben. Aber das eigentliche Gebäude, in dem noch im 17. Jahrhundert Gericht gehalten wurde, war in den Jahrzehnten, in denen es nicht der Familie gehört hatte, verfallen und als Steinbruch benutzt worden. Die erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts neu aufgebaute Kirche bot an Altertümlichkeiten nichts, außer einem Wappenepitaph, wenn sie auch sehr schön aus gesprengtem Granit gebaut war. Als Wohngebäude war in Putlitz das Gut Philippshof erhalten, das auf einem Kinderporträt von 1852 im Hintergrund sichtbar ist. Sonst weiß man wenig über das Gebäude, das nach einem Brand um 1900 durch einen Neubau ersetzt wurde.“

Wolfshagen

In Wolfshagen lebte der Kammerherr und Kreisdeputierte Hermann Gans Edler Herr zu Putlitz (1816–1888). Er war unverheiratet und lebte sehr seigneural, baute fabelhafte Wirtschaftsgebäude, wie z. B. eine Brennerei und einen Schafstall von staunenswerter Qualität mit Säulen. Er ließ von Peter Joseph Lenné den Park zu beiden Seiten der Stepenitz anlegen, zu dem auch ein Wildgehege gehörte.

Die 1570 errichtete Gutskapelle in Form eines einfachen Fachwerkbaus enthielt Gestühlswangen von 1572, die beim 1982 erfolgten Abriss gerettet wurden und 2002 in der im Schlossmuseum eingerichteten Kapelle wieder aufgebaut werden konnten.

Retzin

„In Retzin war erst durch Eduard zu Putlitz (1789–1881) Anfang des 19. Jahrhunderts ein kleines bescheidenes Haus errichtet worden, das dann nach und nach vergrößert wurde. Nach 1870 war es das stattliche und im gründerzeitlichen Stil reich geschmückte Haus des Theaterintendanten und Schriftstellers Gustav zu Putlitz (1821–1890). Mehr als die Persönlichkeit Gustav zu Putlitz, den Fontane als Vielschreiber nicht besonders bedeutender Bühnenstücke wenig schätzte, hätte Fontane aber das Inventar des Hauses interessiert. Der Blumensaal enthielt die wichtigsten Familienbilder aus der Winterfeld-Katte-Erbschaft. Katte, Königsmarck, Struensee – drei gewaltsam ums Leben gekommene Verwandte in einem Raum! Was hätte Fontane für Geschichten zu dieser Ahnengalerie spinnen können! Wenn er hier gewesen wäre …“

Es lohnt also nicht nur der Besuch der Ausstellung im Haus der Brandenburgischen Geschichte in Potsdam, sondern auch der Katalogband. Er bietet viele Überraschungen.

Christiane Barz (Hrsg.): fontane.200/Brandenburg – Bilder und Geschichten. vbb verlag für berlin-brandenburg, 200 Seiten, 150 Abbildungen, Broschur, ISBN 978-3-947215-53-9, 28 Euro. Link zum Verlag, in dem weitere Fontanebücher erschienen sind, hier  www.verlagberlinbrandenburg.de

Informationen zur Ausstellung

  • fontane.200/Brandenburg – Bilder und Geschichten
  • Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte
  • Kutschstall, Am Neuen Markt 9, 14467 Potsdam
  • Di bis Do 10–17 Uhr | Fr bis So und an Feiertagen 10–18 Uhr
  • Einzelticket: 7, ermäßigt 5 Euro
  • Kombikarte (mit Ausstellung fontane.200/Autor in Neuruppin): 12 , ermäßigt 8 Euro
  • Tel.: 0331 62085-50

Internet: www.hbpg.de | Kulturland Brandenburg/ Facebook: HBPG.im.Kutschstall | Instagram: hbpg.de

Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam

Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam Foto: Weirauch

Hier ein weiterer Buchtipp in Sachen Fontane und Kirchen.