Noch erinnert nichts an der Grabstätte von Hans Baluschek auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof in Stahnsdort an seinen bevorstehenden 150. Geburtstag. Wir besuchten das Grab des berühmten Malers der Berliner Secession auf einem unserer „Lieblings-Friedhöfe“. Wir haben dort Freunde liegen, um deren Grab wir uns kümmern. Die Wege sind kurz: Der Stahnsdorfer Südwestkirchhof und der Wilmersdorfer Waldfriedhof liegen unmittelbar nebeneinander. Grabmäler auf dem einen Friedhof führen uns zu Grabmälern auf dem anderen. In Zeiten der Besinnung auf sich selbst hat es uns immer gut getan, auf die Lebensbilder anderer Menschen zu schauen. Was haben diese Menschen an Höhen und Tiefen erlebt – wie haben ihren Glauben an das eigene Tun bewahrt?

Wilmersdorfer Waldfriedhof Foto: Weirauch

Eingang zum Wilmersdorfer WaldfriedhofUns zieht es heute die Stahnsdorfer Bahnhofstraße weiter hinunter. Wir wollen auf den Wilmersdorfer Waldfriedhof. Ein Freund gab uns einen Tipp: In diesem Jahr würde Hans Baluschek (1870-1935) seinen 150. Geburtstag feiern. Sofort fällt uns die Berliner Sezession ein, die um die Jahrhundertwende wohl fortschrittlichste Künstlervereinigung. Kein anderer als Max Liebermann lud Baluschek an ihrer Gründung teilzuhaben. Noch im Gründungsjahr 1898 wird er ihr Schriftführer.  „Bewohner“ des Südwestkirchhofs  wie Louis Corinth oder auch Heinrich Zille u.a mögen sich in den Räumen der Berliner Sezession begegnet sein. Ein anderer Weggefährte von Baluschek, der Maler Willi Jäckel, ruht in unmittelbarer Nähe auf dem Wilmersdorfer Friedhof. Ebenso wie Hans Baluschek, der oft wegen seiner detailgetreuen Eisenbahn- und Bahnhofsbilder auch als „Eisenbahnmaler“ tituliert wurde, in einem Ehrengrab des Landes Berlin.

Wilmersdorfer Waldfriedhof

Ausstellung im Bröhan-Museum: „Zu wenig Parfüm, zu viel Pfütze.“

Das Bröhan-Museum in Berlin (gegenüber dem Schloss Charlottenburg)  wird in den nächsten Wochen eine Baluschek-Ausstellung eröffnen. Wegen Corona voraussichtlich etwas später. Im Internet können wir heute schon einen Einblick in die sehenswerte Schau mit Werken Baluscheks erhalten. Der Titel der Exposition: „Zu wenig Parfüm, zu viel Pfütze.“ Hans Baluschek zum 150. Geburtstag. Hier geht es zum Facebook-Link des Bröhan-Museums.

Aus der Vita v

Hans Baluschek, geboren am 9. Mai 1870,  lernte durch die Tätigkeit des Vaters (Franz baluschek war Bahnbeamter und Eisenbahningenieur). Er arbeitete als Illustrator für „Lachen links“ und „Wahrer Jakob“.  1919 er der SPD bei. Kulturpolitisch engagierte er sich in der als Leiter der Großen Berliner Kunstausstellung (1929-1933) und als Vorsitzender des Kartells der vereinigten Verbände Berlins.  Nach der Machtübernahme der Nationalsoziallisten legte Hans Baluschek alle Ämter nieder.“Als Sozialdemokrat geächtet, aller Ämter enthoben und zudem schon längere Zeit gesundheitlich angeschlagen, mußte er sich zurückziehen.“ So schreibt Gerhard Prinz in seinem Aufsatz über Hans Baluschek anlässlich 750-Jahr-Feier Berlin. Damals waren in den beiden rekonstruierten Lokschuppen des ehemaligen Bahnbetriebswerkes Anhalter Bahnhof Reproduktionen von Baluscheks Eisenbahnbildern zu sehen. 2020 konnte ich nichts im Programm des Technikmuseums zu Hans Baluschek finden.

Hans Baluschek in seinem Atelier, 1904/05FotografieArchiv Bröhan-Museum

Hans Baluschek in seinem Atelier, 1904/05FotografieArchiv Bröhan-Museum

Dabei faszinieren die Eisenbahnbilder durchaus auch heutige Genereationen. Insofern hoffen wir auf die ausstellung im Bröhan-Museum. Bis zu seinem Tod 1935 blieb Hans Baluschek Chronist und Ankläger zugleich.  Er liebte sein Berlin und die Mark und seine Begeisterung für die Eisenbahn bestimmten immer wieder Leben und Werk. „Was um mich herum irgendwie berührt, ergreift, packt, erschüttert, gibt mir Impulse zu meinen Bildern“, so Baluschek. Er sah die Not der Menschen, die freudlos aus den grauen Fabriken kamen. Schichten der Stadtbevölkerung, die meist zeitlebens am Rande der Existenzmöglichkeit standen, bieten ihm Motive für sein Werk. Der Kapitalismus um die Jahrhundertwende, der besonders in der Großstadt Berlin zu Tragödien des Lebens in materieller und geistiger Armut führt. Heinrich Zille, Käthe Kollwitz, Otto Nagel sind geistige Verwandte.  Sanfte Formen des Protestes liebte er nicht. „Meine Waffen: Pinsel, Kohle, Farben, Bleistift, sollen hauen und stechen.“ Die Historienmalerei eines Anton von Werner war ihm ein Greuel.

Peterchens Mondfahrt

Da werden Kindheitserinnerungen wach. Einem breiten Publikum sind bis heute die Illustrationen von Hans Baluschek zu Peterchens Mondfahrt aus dem Jahr 1919 vertraut, die er im Auftrag des Klemm-Verlags für das von Gerdt von Bassewitz geschriebene Märchen schuf. Für diesen Auftrag malte und zeichnete Baluschek 16 ganzseitige Farbtuschzeitungen und 37 Federzeichnungen. Die Bilder zu Peterchens Mondfahrt wurden zu seinen bekanntesten Märchenillustrationen.

Der profunde Stahnsdorfer Buchhändler und Friedhofskenner Dieter Mehlhardt hat 1985 an Hans Baluschek in den „Brandenburgischen Neuesten Nachrichten“ erinnert. U.a. schreibt er: „Von der Witwe hat der Berliner Magistrat 1947 den künstlerischen Nachlass Baluscheks – mehr als 300 Ölgemälde, Handzeichnungen und Buchillustrationen – käuflich erworben und damit eine Phase eingeleitet, die dem Werk des realistischen Künstlers endlich volle Anerkennung und dankbare Zustimmung zollt.“

Im Block L I, Feld III, Grabstelle 334, finden wir seine Grabstelle, ein Ehrengrab der Stadt Berlin. Noch liegt der auf allen Ehrengräber befindliche mittlerweile vertrocknete Winterstrauß auf dem Grab. Die Grabstätte war bei unserem Besuch noch nicht aus dem Winterschlaf erwacht. Ob zu seinem 150. Geburtstag am 9. Mai ein bunter Blumenstrauß sein Grab schmücken wird? Wir hoffen es jedenfalls.

Was mag Baluschek denken, wenn er hört, dass der Wilmersdorfer Waldfriedhof mittlerweile vom Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf  verkauft werden soll. Entsprechende Zeitungsberichte irritieren jedenfalls. Hier aus der Märkischen Allgemeinen Berlin-Wilmersdorf  wird Waldfriedhöfe in Stahnsdorf nicht los. Und hier aus der Berliner Morgenpost.

„Zu wenig Parfüm, zu viel Pfütze.‘ Hans Baluschek zum 150. Geburtstag“

Wir freuen uns schon auf die Ausstellung … , die uns Baluschek näher bringen wird. Virtuell können wir sie – trotz oder wegen Corona – jetzt schon wahrnehmen.

C: Wienand Verlag

Hier geht es zur Hompage des Bröhan-Museums.

Das Museum hat für Kinder spannende Entdeckerbücher konzipiert, es lohnt auch für Erwachsene sich diese anzuschauen und die Aufgaben darin  zu lösen.

Katalog zur Ausstellung „‚Zu wenig Parfüm, zu viel Pfütze.‘ Hans Baluschek zum 150. Geburtstag“

Die Ausstellungseröffnung wurde aufgrund der aktuellen Situation verschoben. Der Katalog zur Ausstellung konnte allerdings noch fertiggestellt werden.

Ausstellungskatalog Hg. von Tobias Hoffmann, Anna Grosskopf und Fabian Reifferscheidt 168 Seiten mit 104 farbigen und 8 s/w Abb. Berlin, 2020. 25,- €, zzgl. Versand (8 € innerhalb Deutschlands) ISBN 978-3-86832-565-2 Auf Lager. Lieferzeit: 10 Werktage

Erhältlich über den Online-Shop des Bröhan-Museums (https://www.broehan-museum.de/shop) und beim Wienand-Verlag (https://www.wienand-verlag.de).

Das Museum zur Ausstellung: „Baluschek war scharfer Beobachter, brillanter Künstler und engagierter Chronist seiner Zeit. Schon früh konfrontierte der 1870 geborene Maler, Grafiker und Illustrator das Publikum mit ungewohnt realistischen Darstellungen des Berliner Lebens. Ihn interessierten die Folgen der Industrialisierung, die Lebensumstände des Proletariats, Armut, Hunger und Verwahrlosung in den unteren Gesellschaftsschichten einer großen Stadt. Von Kaiser Wilhelm II. als „Rinnsteinkünstler“ diffamiert, fand Baluschek ab 1899 Anerkennung in den Ausstellungen der Berliner Sezession. Zum 150. Geburtstag des Künstlers zeigt die Ausstellung im Bröhan-Museum nun einen umfassenden Überblick seines Werkes und spannt dabei einen Bogen vom Kaiserreich bis in die Jahre der Weimarer Republik. Ergänzt wird die Schau durch Werke der kanadischen Künstlerin Larissa Fassler, die seit vielen Jahren in Berlin lebt und arbeitet. Sie fasst urbane Spuren in großformatigen Stadtplänen zusammen. Ihre Themen sind Gentrifizierungsprozesse und gesellschaftliche Veränderungen.“ Kurator: Fabian Reifferscheidt M.A., Gestaltung Werbemotiv: Gerwin Schmidt, München

  • BRÖHAN-MUSEUM LANDESMUSEUM FÜR JUGENDSTIL,
  • ART DECO UND FUNKTIONALISMUS
  • Schlossstraße 1a
    14059 Berlin (am Schloss Charlottenburg)
    Deutschland
  • Tel.: +49/(0)30/326 906 00
    Fax: +49/(0)30/326 906 26
    E-Mail: info@broehan-museum.de

Und hier geht es zum Hans Baluschek Park in Berlin, auch eine originelle Form der Würdigung.

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Wer ruht noch auf dem Waldfriedhof

Wenn ihr  das Grab von Hans Baluschek auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof besucht, dann lohnt auch ein Gang zu den anderen Prominenten. Leider gibt es auf dem Friedhof, im Gegensatz zum benachbarten Stahnsdorfer Südwestkirchhof, keinen ausführlichen Lageplan, wo man das jeweilige Grab finden kann. Es ist also eine Spurensuche…. Lediglich die Homepage des Bezirksamtes verweist auf einige Ehrengräber mit Lageangaben.

Neben Hans Baluschek haben Ehrengräber des Landes Berlin auch

Gartenarchitekt Erwin Barth (1880-1933),  Arthur Eloesser (1870-1938), Schriftsteller, Kritiker, Politiker Ernst Heilmann (1881-1940), Maler Willy Jaeckel (1888-1944), Maler,  Rechtsanwalt Paul Levi (1883-1930), Schauspieler Hans Otto (1900-1933),

Weitere Berühmtheiten u.a. Georg Benjamin (1895-1942), Mediziner, Maximilian Bern (1849-1923), Schriftsteller, Adolf Heilborn (1873-1941), Mediziner, Schriftsteller, Rudolf Kögel (1829-1896), Oberhofprediger, Bildhauer Hugo Lederer (1871-1940), John Henry Mackay (1864-1933), Schriftsteller, Leo Müffelmann (1881-1934), Freimaurer, Kurt Mühsam (1882-1931), Jurist, Redakteur, Schauspielerin Sophie Pagay (1857-1937), Komponist Emil Nikolaus Freiherr von Reznicek (1860-1945), Walter Simons (1861-1937), Präsident des Reichsgerichts, Schauspieler Willy Schur (1888-1940), Bildhauer Gustav Heinrich Wolff (1886-1934),

hier geht es zum benachbarten Südwestkirchof Stahnsdorf